Die zweite Shunt-OP – jetzt erfolgreich – hat etwas bewirkt: Ich möchte gerade mit meiner Krankheit allein sein. Das war bis zu dem Eingriff letzten Freitag noch anders. Über viele Wochen hinweg hatte ich mit sehr vielen Menschen über meine Erkrankung gesprochen. Es hat mir gut getan, darüber zu reden und Zuspruch oder Mitgefühl zu erfahren. Jetzt ist der Austausch mit anderen gerade das Letzte, was ich will.
Vielleicht liegt es daran, dass mit den zwei frischen Narben auf meinem rechten Arm ganz offensichtlich ist, dass die Dialyse näher rückt und weitere (vermutlich viele weitere!) Eingriffe über eine lange Zeit hinweg bevorstehen. Das stetige Schwirren in der Ellbeuge ist ein Beweis für das pulsierende Leben, das aber nur dann weiter existieren kann, wenn mein Lebenssaft regelmäßig gewaschen wird.
Und mit dem Gedanken daran muss ich mich ganz alleine auseinandersetzen. Niemand kann dabei helfen. Niemand kann die Gefühle teilen, die diese Gedanken hervorrufen.
In den dunkelsten Tagen pubertärer Hormonschübe gab es schon einmal Zeiten, in denen ich mich mutterseelenallein gefühlt und einen Kokon um mich herum gesponnen habe. Er hat mich damals wie heute vor zu vielen äußerlichen Einflüssen mit Auswirkungen auf mein Denken geschützt. Die Gefahr, sich in den eigenen Gedanken zu verlieren und sich zu sehr in seinem Kokon einzunisten, war mit Sicherheit damals höher als heute. Nach Jahrzehnten unterschiedlichster Erfahrungen weiß das Gehirn nun einfach, dass jede dunkle Stunde auch irgendwann wieder vorbei ist.
So nehme ich diese Phase als wichtigen und notwendigen „Verarbeitungsabschnitt“ hin und vertraue darauf, dass sich die Gefühlsstürme legen, dass sie nicht umkippen in eine depressive Verstimmung oder puren Zynismus und dass ich nach einer Weile aus meinem Kokon als Mensch mit neuer Energie und neu gewonnenen Einsichten (über mich?) hervorgehe.
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