2022-05-29

Kleines Glück

Ein langes Feiertags-Brückentags-Wochenende liegt hinter mir. Der Feiertag – Christi Himmelfahrt oder neudeutsch: Vatertag – fiel dankenswerterweise auf einen dialysefreien Tag. Am Brückentag habe ich gearbeitet. Vormittags während der Dialyse, die dadurch schnell vorüber ging, nachmittags im Home Office, was nach wochenlangem Büroalltag sehr angenehm war. So hat es sich nicht wirklich nach Arbeit angefühlt. Und das Wochenende war eine sehr wohltuende Mischung aus Aktivitäten und Entspannung.

Diese paar Tage kamen mir fast wie Urlaub vor. Ich hatte das Gefühl, Zeit zu haben. Für mich, für schöne Dinge, für mein Kind und meine Katze. Sowieso, das Kind…Fünf Tage am Stück miteinander verbringen zu können geht nur dann, wenn mein Sohn an meinen Dialysetagen schulfrei hat. Dann muss ich ihn zwar um sechs Uhr morgens allein lassen, aber letztlich kann er überhaupt mehrere Tage und Nächte hintereinander bei mir sein. Er schläft an meinem Dialysetag dann einfach länger, telefoniert mit mir, wenn er wach ist und freut sich vermutlich, dass die Mama ein paar Stunden nicht beobachten kann, was er so alles tut (ich vermute, YouTuber ansehen, die ich grausig oder bestenfalls idiotisch finde).

Ich genieße solche intensiven Stunden mit meinem Sohn sehr. Wir waren auf dem Rummel, sind Kettenkarrussell und Riesenrad gefahren. Wir haben kurz mal eine ganze Tüte gebrannte Mandeln weggenascht und bei der Lotterie ein pastellfarbenes, löchriges Plüsch-Lama aus China ergattert. Wir lieben es! Wir haben abends Filme zusammen angesehen und waren beim Schwimmen und in der Sauna. Wir haben zusammen gegessen und geduscht. Und natürlich darf das Kuscheln an so einem langen „Mama-Wochenende“ nicht zu kurz kommen. Wenn ich morgens nach meiner Tasse Kaffee in völliger Stille auf dem Sofa sitze, mein Sohn sich noch ziemlich verschlafen zu mir setzt und an meiner Schulter noch ein Viertelstündchen weiterschläft, ganz ruhig und entspannt, die Katze neben sich, dann sind das Momente, in denen ich glücklich bin.

Außerdem konnte ich lange mit meiner Freundin telefonieren, meine Eltern besuchen und habe mich über viele nette Nachrichten eines Menschen gefreut, der trotz seines eigenen Urlaubs täglich an mich gedacht hat.

An diesen paar Tagen habe ich mich fast normal gefühlt. Als ob es keine Krankheit gäbe, keine Dialyse, kein durchgetaktetes und fremdbestimmtes Leben. Es ist so wertvoll und wichtig, solche Tage von Anfang bis Ende auszunutzen, sie zu genießen und alles aus ihnen herauszuholen, was geht. Das muss nicht unbedingt endloses Entertainment-Programm und Action bedeuten. Sondern nur, das zu tun, was mir gut tut, was Spaß macht und sich richtig anfühlt. Es waren vier Tage kleines Glück.

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