2024-12-11

Das Jahr der Fragebögen

Seiten um Seiten um Seiten an Fragebögen und Anträgen habe ich dieses Jahr ausgefüllt. Wer Leistungen des Sozialstaates beziehen möchte, der kommt darum leider nicht herum. Für einen kreativen Geist wie mich ist das Ausfüllen eines Fragebogens, das rechtzeitige Zurückschicken dieses Fragebogens (natürlich per Post, von Digitalisierung hat man bei deutschen Behörden noch wenig gehört) und die Aufbewahrung des Dokuments gleichbedeutend mit den Foltermethoden des Mittelalters.

Über meinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente habe ich bereits geschrieben: https://herz-und-nieren.info/die-rente-mit-u50

Zu den 48 Seiten des Grundantrags, den ich im August an die Rentenversicherung abgeschickt hatte, kamen in den folgenden Wochen noch etliche weitere Seiten. In immer neuen Zusatzfragebögen mussten ich, mein Arbeitgeber und meine Hausarztpraxis Angaben zu meinem gesundheitlichen und beruflichen Status machen. Es schien kein Ende zu nehmen und ganz ehrlich: Es zermürbt. Es ist pure Schikane, immer dieselben Angaben machen zu müssen, seine Situation anonymen Bürogestalten entblößen zu müssen und monatelang hingehalten zu werden.

Die Tortur hat jedoch nun ein Ende und die Beharrlichkeit – so schwer sie mir in diesem Fall fiel – hat sich ausgezahlt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ab März nächstes Jahr beziehe ich eine Teilerwerbsminderungsrente (allein dieses Wort…!). Sie wird die Einkommensverluste, die ich aufgrund meiner bereits erfolgten Arbeitszeitreduzierung habe, wieder ausgleichen. Zumindest für die nächsten zwei Jahre. Dann muss ich die Rente neu beantragen.

Ebenfalls ein Ende hat die Suche nach einer Kureinrichtung, die für Mütter, Kinder und Dialysepatientinnen geeignet ist. Ende Januar fahren Linus und ich zur Kur nach Bad Windsheim. Drei Wochen lang werden wir uns dem Diktat einer deutschen Gesundheitseinrichtung unterwerfen, deren Eindruck auf rigorose Sparzwänge, Therapieansätze von anno dazumal und – wen wundert’s – deutsche Bürokratie schließen lässt. Ob drei Wochen Aufenthalt ohne WLAN gemeinsam mit einem Zwölfjährigen Handy-Junkie irgendeinen Therapieerfolg verheißen (als Therapieziele hatte ich im Fragebogen Stressreduktion und Erlernen von Mechanismen zur Stressbewältigung angegeben), werden wir abwarten müssen…

Für mich wird die Balance zwischen Arbeit, Dialyse und Privatleben nun ein wenig leichter. 60 Prozent Teilzeit sind schon ein Unterschied zu den bisherigen 80 Prozent. Es bleibt mehr „Luft“ für das Aufpumpen der eigenen Energiespeicher und für Dinge neben der Arbeit. Jobtechnisch bleibt trotzdem alles beim Alten.

So sehr mich diese Antragstellungen genervt haben (und weiter nerven werden): Es ist ein Glück, dass chronisch Kranke in unserem System aufgefangen werden, dass es Arbeitgeber gibt, die den Wert ihrer Mitarbeitenden schätzen und individuelle Lösungen anbieten, dass es Einrichtungen wie Kurkliniken gibt und Krankenkassen, die trotz aller Budgetrestriktionen noch Leistungen für Kranke zur Verfügung stellen.

Und nach dem Mammutprojekt „Rentenantrag“ kommt mir doch der eben reingeflatterte Fragenbogen des Gesundheitsamts, in dem „von Amts wegen“ mein Schwerbehindertenstatus überprüft werden soll, wie ein Klacks vor…

1 Comment

  • Es wird dann doch eine kleine Erleichterung sein , daß die
    „Teilerwerbsminderungsrente“ durch ist.
    Wir wünschen eine besinnliche Adventszeit und stressfreie Weihnachten.
    Viel Erfolg dann in Bad Windsheim. (ohne Abbruch)

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