2024-04-02

Der Arztbrief

Wenn der Lieblingskollege irgendwann auch noch zum behandelnden Arzt wird und dieser Arzt und Kollege Onkologe ist, dann ist die Lage ernst.

Wir erinnern uns: Das Transplantationszentrum am Katharinenhospital in Stuttgart hatte die Entfernung meiner linken Niere gefordert, um mich in den „Status T“ (= für transplantabel) und damit auf die Transplantationsliste setzen zu können. Im Juni letzten Jahres habe ich diese Operation durchführen lassen – mit einigen positiven, aber auch einigen negativen Konsequenzen. Eine dieser negativen Konsequenzen war, dass die pathologische Untersuchung der entfernten 3-kg-Monsterniere Krebszellen zum Vorschein brachte. Eben mein geschätzter Kollege empfahl auf meine damals ziemlich perplexe Nachfrage hin, eine zweite pathologische Meinung anzufordern, um sicherzugehen. Der zweite Befund war dann definitiv sicher: „Chromophobes Nierenzellkarzinom“.

So einen Befund kann man nicht einfach im Leeren stehenlassen, erst recht nicht, wenn man auf eine Transplantation hofft.

Die Folge dieses Befundes war eine onkologische Nachuntersuchung und eine Begutachtung der entfernten Niere in der Tumorkonferenz am Klinikum Heidenheim.

Ich habe mich erneut einer CT-Untersuchung unterzogen, mich weitere zig Male piksen lassen für Blutabnahmen, Oberarzt Norbert Jung aus der Medizinischen Klinik drückte gewissenhaft mit dem Ultraschallkopf auf meinen Nierenzysten herum. Die Zysten befinden sich übrigens nicht nur in meiner verbliebenen Niere, sondern auch in meiner Leber. Dort sitzt eine besonders auffällige, von der der Arzt noch eine extra Untersuchung anforderte. Mir wurde Kontrastmittel injiziert, doch die auffällige Leberzyste nahm es nicht auf. Ein Zeichen dafür, dass es sich vermutlich nur um eine irgendwann einmal geplatzte Zyste und keinen Tumor handelt.

Jetzt ist das Ergebnis dieser umfangreichen Nachuntersuchung in Form des offiziellen Arztbriefes da und ich bin sehr froh darüber: Es gibt keinen Anhalt für weitere Krebszellen – weder in der Niere, noch in der Leber oder irgendwo sonst in meinem Körper – und die Empfehlung meines chefärztlichen Kollegen lautet, mich wieder auf die Transplantationsliste zu setzen.

Ob das Transplantationszentrum in Stuttgart dieser Empfehlung folgt, werde ich abwarten müssen.

Meine Zystennierenerkrankung ist allein schon eine große Bürde. Es ist gut, dass der Rest meines Körpers in guter Verfassung zu sein scheint. Keine weiteren Erkrankungen, schon gar kein Krebs. Eine kleine Sorge weniger.

Mit jedem neuen Tag bin ich glücklicher darüber, in unserem trotz aller Probleme immer noch hervorragenden Gesundheitssystem bestens aufgehoben zu sein. Nicht zuletzt deshalb kann ich auch im fortgeschrittenen Stadium meiner Erkrankung – mit dreimal wöchentlich Dialyse – noch zu 80% arbeiten, mein Leben fast unbeschwert führen und viele Dinge tun wie ein gesunder Mensch. Gut, die Tatsache, dass ich im selben Krankenhaus arbeite, in dem ich Patientin bin, spielt natürlich auch eine Rolle. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal dankbar darüber sein würde, von Ärzten und erfahrenen Pflegekräften umgeben zu sein. Doch es ist ein enormes Plus, eben nicht nur Patientin, sondern auch Kollegin zu sein in einem Umfeld, das mir die größtmögliche Sicherheit bietet.

Meinem Lieblingskollegen ist wahrscheinlich auch ein Stein vom Herzen gefallen, als er den positiven Befund gesehen hat. Ich hoffe, ich kann ihm auch bei den weiteren Nachuntersuchungen, die vermutlich einmal jährlich stattfinden müssen, negative Überraschungen ersparen.

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