2023-06-26

Die Super-Monster-Niere

Schwitzend und brüllend vor Schmerzen wird Kane von seinen Kameraden hektisch in den mobilen Operationssaal des Raumschiffs getragen. Niemand weiß, was ihm fehlt, doch alle sorgen sich. Denn sie sehen, dass sich in seinem Bauch etwas wölbt. Es ist in ihm gewachsen und will nun hinaus: Das Alien!

Ob sich Kane mit dem Alien im Bauch gefühlt hat wie ich mit der Zystenniere, kann ich nicht beurteilen. Ich jedoch denke sehr oft an diese Filmszene und kann diverse Ähnlichkeiten feststellen.

Am Donnerstag, den 15. Juni 2023, habe ich mir die linke Niere entfernen lassen. In der urologischen Klinik am Klinikum Heidenheim. Ich bin sehr froh, dass diese Super-Monster-Niere nicht mehr in meinem Gedärm haust und von mir aus kann der Pathologe sie auseinandernehmen und entsorgen, wo er will.

Die Operation hat drei Stunden gedauert, sie gelang tatsächlich erst im dritten Anlauf. Zuerst wollte ich nicht – denn mal ehrlich: Wer würde sich ein Organ unwiederbringlich entnehmen lassen, solange noch ein Rest Ausscheidung und damit Trinkvergnügen vorhanden ist? – dann sagte mir die urologische Klinik kurz vor knapp wegen eines dazwischen gekommenen Notfalls ab. Doch jetzt ist alles gut – hoffentlich.

Chefarzt Robert Hefty und Oberarzt Stephan von Padberg schnippelten die untaugliche und Alien-mäßige Niere raus. Sie haben sich die größte Mühe gegeben und so, wie es momentan aussieht, war die Operation erfolgreich und für mich absolut erträglich.

Die ersten beiden postoperativen Tage verbrachte ich auf der Intensivstation.

Das pastellfarbene Lama, das Linus und ich letztes Jahr bei der Tombola des Volksfestes gewonnen haben, hat mich auf die Intensivstation begleitet. Eine liebe Krankenschwester hatte es aus meinem Koffer genommen und mir gebracht.

Das war nötig, weil der Kaliumspiegel durch die Zerstörung der vielen Zellen während der OP steil nach oben gegangen war. Es folgte direkt nach der OP eine einstündige Dialyse, um das wieder hinzubiegen. Davon habe ich wenig mitbekommen. Außerdem befand sich mein Blutdruck im Sturzflug, was ebenfalls beobachtet werden wollte.

Auf der Normalstation hatte ich zunächst ein Zimmer für mich allein – und damit so viel Ruhe, wie in einem Krankenhaus möglich ist. Zumindest solange, bis die ersten Kolleginnen und Kollegen erfuhren, wo ich lag und mir ein „Besüchle“ abgestattet haben.

Bereits am ersten Tag nach der OP kam die Physiotherapeutin und zeigte mir leichte Übungen an der Bettkante. Wenn man die macht – und das habe ich – kommt die Mobilität relativ schnell zurück. Klar geht es erstmal nur mit Schmerzmitteln.

Drei Tage lang wurde meine Bauchwunde über eine Periduralanästhesie mit schmerzstillenden Wundermittelchen aus dem hauseigenen Apothekerschränkchen versorgt. Von mir selbst – per Knopfdruck. Anschließend gab es die üblichen Tabletten. In einer Dosis, die einen im Normalfall wahrscheinlich umhauen würde.

Ich bin nun eine zersägte Frau. Leider war es nicht möglich, die schon vorhandene Narbe, die quer über meine linke Seite führt, wieder zu öffnen. Die Niere war einfach zu groß dafür. Einen Schönheitswettbewerb gewinne ich nicht mehr, dafür vielleicht aber einen für die schönsten und größten Narben. Aber vermutlich kann jede Kaiserschnitt-Mama da mithalten.

Erstaunlicherweise schmerzt die Wunde nicht.

Was weh tat, war mein Darm. Ich litt gleich einmal unter Verstopfung und musste abführen. Kein Wunder! Haben doch Magen und Darm seit vielen Jahren erstmals wieder Platz im Bauchraum und können sich sozusagen faul ausbreiten!

Heute, zehn Tage nach der Operation und zurück in meiner Wohnung, kann ich schon fast wieder aufrecht gehen. Schmerzmittel brauche ich höchstens noch für meinen Rücken, der die ungewohnte Lage beim Schlafen und die gekrümmte Haltung beim Gehen übelnimmt. Meine Verdauung funktioniert mittlerweile, der Magen ist aber noch sehr empfindlich.

Kässpätzle müssen noch ein wenig warten!

Wer bis hierher gelesen hat und sich für abgehärtet hält in Bezug auf Ekel-Bilder, dem zeige ich hier gerne noch Fotos der Alien-Niere. Meine lieben Kollegen haben sie während der OP auf meinen Wunsch hin gemacht. Ungefragt und wissend, dass Marketing meine Passion ist, haben sie gleich noch ein Video dazu aufgenommen. Voilà – die wahrscheinlich hässlichste Niere der Welt!

Jetzt heißt es: Schonung, Beobachtung und Genesung!

Was mich so richtig freut ist, dass ich noch trinken darf! Ich hatte schon Sorge, dass hier durch die Nephrektomie große Einschränkungen auftreten. Doch anscheinend arbeitet die noch vorhandene rechte Niere wenigstens in Sachen Ausscheidung noch. Natürlich ist die Menge an Urin, die bei mir noch rauskommt, nicht vergleichbar mit der bei einem Menschen mit normaler Nierenfunktion. Doch es reicht, um morgens meinen Becher Kaffee zu genießen, ab und an ein kleines Fläschchen Limonade oder – wenn die Gelüste zu groß werden – einen großen Schluck Milch.

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